Timo’s review published on Letterboxd:
Erst zu wenig Welt (2021), dann zu viel Weltverstrickung (2024) - wenn Frank Herbert gesehen hätte, wie sein Dune von Denis Villeneuve im zweiteiligen Korsett biedersten gigantomanischen Attraktionszwangs implodiert, dann hätte er sich lieber nicht freiwillig den Sand aus den Augen gekratzt. Villeneuve merkt (jetzt), dass er zügig zum Abschluss kommen muss und verkeilt mehrere Handlungsbrocken ineinander, die teils fahrig, teils überstürzt zusammengeschustert wirken (das Leben bei den Fremen, Pauls [hier: wundersame, übers Knie gebrochene] Antiheldenreise zum Quasifaschisten, seine Liebe zu Chani, Feyd-Rautha Harkonnen, Imperator Shaddam IV., Lady Margot Fenring, Prinzessin Irulan) - dieser Film wird zum Schwergewicht in anderer Hinsicht. Gelang es Villeneuve 2021, Exposition und vor allem Architektur, Welterklärung und vor allem Weltstruktur zu vereinen, gelang es ihm vielmehr, an der Kunst im Kunstblockbuster zu partizipieren, zu schwelgen und zu betrachten, ist Part Two ein im Vergleich stilistisch erschreckend konventioneller(er), geschwätzig-repetitiver und randvoll schlingernder Blockbuster ohne Kunstausweichmanöver (dafür mit gewohnt schepperndem Hans-Zimmer-Wecker).
Herberts Vorlage über Macht-, Glaubens- und Systemdiskurse gibt Anlass zur Kritik der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Angesichts Villeneuves tendenziell unpolitischer, fast furchtsamer Haltungslosigkeit sind nun - genau! - Verwandtschaftsverhältnisse von Interesse, während Dave Bautista, Javier Bardem und Josh Brolin endgültig (und unmissverständlich) in den Stichwortgeberslapstick getrieben werden. Ich erfreute mich in Part One an den Räumen und ihrer Inneneinrichtung, in Part Two fiel es mir zunehmend schwerer, vor der Last des Plots, dieser Plotmaschine, auszuweichen. Zendaya? Action (die verbessert daherkommt)? Sandwurmritt? Sicher - auch in diesem Unterhaltungspaket wird man fündig werden (leider nicht bei den gänzlich verschenkten Léa Seydoux und Florence Pugh). Mich beschlich das Gefühl, dass Villeneuve in Part One den Cut hätte später setzen müssen, um nicht in (Erzähl-)Bedrängnis zu geraten. Das ist aber geschehen. Was gleichzeitig geschah: eine vereinfachte, antiintellektualisierte Dune-Interpretation als zwar leicht verdauliches, allerdings kosmetisch künstlerisches Studioprodukt, das auf herausfordernde Fragestellungen ausweichend zurückhaltend antwortet.