Dune: Part Two

2024

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Auch im stärksten Sturm steht Denis Villeneuve noch mit wehendem Mantel am Rande der Klippen und versucht das Kino zu retten. DUNE: PART TWO ist Monumentalkino und die Fortsetzung, die aus einer einfachen Science-Fiction-Reihe einen filmgeschichtlichen und popkulturellen Meilenstein macht, der sich spätestens mit DUNE: PART THREE oder DUNE: MESSIAH (welcher Name es auch werden mag) zu DEN Filmtrilogien schlechthin hinaufschwingen wird: STAR WARS und THE LORD OF THE RINGS. Wer nach dem ersten Teil noch skeptisch war, aufgrund des offenen Endes, vieler loser Handlungsstränge und vielleicht etwas prototypischen Figuren, der wurde entweder mit DUNE 2 eines besseren gelehrt oder will Villeneuve's Vision nicht verstehen.

Und das beginnt bereits dabei, dass wir uns fragen müssen, was DUNE 2 in seiner grundlegenden DNA für ein Film ist. Massen strömen in die Kinos und schnell spricht man bei einem Sci-Fi-, Fantasy-, Abenteuer-, Actionfilm von einem Mainstream-Blockbuster. Spektakelkino eben, das eine typische Heldengeschichte erzählt oder zumindest eine Variation davon zum Kern der Geschichte macht. Man kann in DUNE 2 auch diese Schablone anlegen, aber es bleibt ein Puzzlestück, dass man mühevoll versucht in seine eigenen Sehkonventionen zu quetschen, die allerdings niemals dem Film gerecht werden würden.

DUNE 2 ist ein meisterhafter Science-Fiction-Film, der in jedem Detail eine unfassbar spannende Welt eröffnet, die hier nochmal viel größer und lebendiger erscheint als noch im ersten Teil. Allein, wie der Film seine politischen Verstrickungen ausweitet, ist bereits meisterhalft und erinnert an die Anfänge einer der besten Serien aller Zeiten: GAME OF THRONES. Und genau diese Art von Geschichte steckt hier auch stark drin: Die Welt als Ganzes, die Systeme und die sich darin verhaltenden Menschen sind das Thema, weniger die Individuen selbst. Das heißt jedoch nicht, dass diese Individuen nicht wichtig seien oder vernachlässigt werden. Nein, Villeneuve jongliert hier ein riesiges Star-Ensemble, die alle ausreichend Zeit bekommen und nie danach wirken, als hätte man sie nur ihres Namens wegen in den Film gecastet. Gleichzeitig schiebt Villeneuve häufig den Regler hin und her, wie dicht wir in die Personen blicken oder ob wir dem "Weltgeschehen" auf Arrakis eher aus einer beobachtenden Distanz folgen.

Es ist faszinierend, wie Villeneuve das Publikum lenkt und wie er uns immer wieder vor den Kopf stößt: Wer sind hier die Guten? Gibt es überhaupt gut und böse oder findet das nur in unserem Kopf statt? Suchen wir gut und böse nur, weil wir es gewöhnt sind uns zu positionieren? Lassen wir uns Verführen der Sympathie zu verfallen oder deckt sich Sympathie mit moralischer Überlegenheit? Es ist unfassbar spannend wie hier Figuren entwickelt werden und wie es in diesen Entwicklungen auch Sprünge und Leerstellen gibt. Doch diese sind bewusst gesetzt. Es deckt sich mit der realistischen Perspektive auf Heldenfiguren, auf Sympathieträger in Ausnahmesituationen. Ja, DUNE 2 ist dadurch auch wahnsinnig aktuell und lässt viele Bezüge zu momentanen Konflikt-/Kriegsgebieten zu. Es ist ein Film, der einen komplexen geopolitischen Blick eröffnet, der viele, wenn nicht gar alle Herrschaftssysteme kritisiert und den menschlichen Error in eben jenen herausstellt. All das ohne mit dem Finger auf etwas zu zeigen oder Pseudolösungen zu präsentieren. Nein, DUNE 2 ist unangenehm. Ein Film, der mich mehrfach angegriffen hat, bei dem ich nie wusste, ob ich Figuren zujubeln soll oder ob sie zu verurteilen sind. Wo ich Figuren am liebsten laut zujubeln möchte und gleichzeitig Angst vor ihnen verspüre.

Paul Atreides ist einer der spannendsten Protagonisten der modernen Filmgeschichte. War er im ersten Film noch der typische Held, merkt man hier, dass Villeneuve jetzt einen Schritt weiter geht und die tatsächliche Vision von Autor Frank Herbert umsetzt. Chalamet spielt das einmal mehr herausragend gut und kann gerade die verschiedenen Facetten der Figur glaubhaft umsetzen, wobei er mir gerade in der zweiten Filmhälfte nochmal besser gefällt. Die Ambivalenz seiner Figur erinnert mich an eine andere Lieblingsfigur von mir, die ebenfalls den Heldenmythos auf eigene, ambivalente Art thematisiert hat: Eren Yeager aus ATTACK ON TITAN.

Doch auch die anderen Figuren sind nicht zu vernachlässigen: Die Bene Gesserit werden vertiefend beleuchtet und einmal mehr darf Rebecca Ferguson als Lady Jessica die Show stehlen. Hier merkt man auch, wie gut Villeneuve weibliche Figuren schreiben kann, die hier sehr facettenreich eingesetzt werden: Sie dürfen weiterhin Mütter sein, sind aber gleichzeitig politisch mächtige Personen, lenken die Geschichte des Films und sind auch beeindruckende Kriegerinnen, die den Männern in nichts nachstehen. Der Fokus auf Chani ist ein weiterer Geniestreich, der zum einen eine richtig gute Performance von Zendaya erlaubt und zum anderen die fehlende Tiefe ihrer Figur aus Teil 1 wettmacht. Auch hier war der fehlende Fokus in Teil 1 keine Schwäche, sondern notwendiger Build-Up für diesen Teil. War DUNE noch Pauls Geschichte und seine Sicht auf den Arrakis-Konflikt, so ist DUNE: PART TWO in erster Linie Chanis Geschichte und ihr Blick auf Paul und den Konflikt gegenüber den Fremen.

Bei all dieser Liebe für die Geschichte aus DUNE 2 MUSS (!) man an dieser Stelle auch noch über die Inszenierung sprechen, die einmal mehr komplett neue Maßstäbe setzt. DUNE 2 ist Kino! Es ist ein Film, der nach der größten Leinwand und dem besten Soundsystem verlangt und dieses trotzdem kaum ausreichend erscheint. Die Boxen dröhnen und lassen den gesamten Saal beben. So fühlt sich Epik an. Die Kriegsszenen erschüttern und lassen mich wie eine kleine unbedeutende Ameise fühlen, die die Größe dieser Kriege kaum spüren kann. Ein weiterer Beweis dafür, wie Villeneuve wieder seine Geschichte auf eine größere Ebene (weg von den Figuren) hebt. Alles an diesem Film schreit visuell nach "noch nie dagewesen". Jedes Setting, jedes Kostüm, alles ist perfekt umgesetzt. Und dann dieser Sound, die Musik... ich kann das gar nicht in Worte fassen. Absolute Gänsehaut! Und trotzdem spielt sich nichts davon zu sehr auf und wenn die Figuren reden, dann kann man dem trotzdem noch folgen (anders als Nolan das in seinem Sounddesign beispielsweise nie hinbekommt). Ja, hier findet stellenweise auch viel Exposition in Dialogform statt, aber die Geschichte braucht das und DUNE ist eben eine komplexe Welt und dafür müssen Figuren nun einmal miteinander reden und Themen müssen den Zuschauenden eröffnet werden. Das allerdings bei einem der visuell atemberaubendsten Filme, der auch so ein ausgeprägtes visuelles Storytelling besitzt, als Kritik anzubringen, wäre absolut lächerlich.

Ja, am Ende wird es noch DUNE 3 benötigen, um alles zu einem Ende zu bringen. Aber genau darauf ist die Reihe ja auch ausgelegt. Eigentlich genau dasselbe wie damals beim ersten Teil. Was Villeneuve hier umgesetzt hat ist unvergleichlich und sowas ist kein Standard des modernen Filmemachens und das sollte, nein das muss eigentlich jede filmliebende Person anerkennen. DUNE 2 zieht Massen ins Kino und dennoch könnte der Film als Anti-Mainstreamfilm bezeichnet werden. Alleine schon, weil genau diese Massenhaftigkeit, diese Allgemeingültigkeit der Kernpunkt des Films ist. Wo normale Blockbuster uns in Figuren hineinfühlen lassen, wo wir uns in Helden spiegeln sollen, da verwehrt DUNE 2 diese Identifikation und lässt uns in der Schwebe. Wo man normalerweise Blockbuster schaut, um dem Alltag zu entfliehen, da ist DUNE 2 unfassbar geopolitisch und konfrontiert viele Aspekte unserer modernen Welt und damit auch von uns - wenn man sich eben drauf einlassen möchte und nicht etwas in DUNE 2 sehen will, was dem Film nicht gerecht wird.

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