Jay-Em’s review published on Letterboxd:
Dune: Part Two spiegelt nach der dreijährigen Wartepause zum Glück all unsere Hoffnungen hinsichtlich seiner filmischen Qualitäten wider und rückt des Weiteren die politische Dimension der Vorlage noch weiter ins Zentrum.
Vorneweg gesagt ist es schlichtweg beängstigend mit welcher Qualität es Denis Villeneuve immer wieder schafft große Sci-Fi-Meisterwerke auf die Leinwand zu bringen. Die Grundlage legte er mit dem originellen Arrival und nun steht wohl nach Blade Runner 2049 und den beiden Dune-Streifen fest, dass er ein wahrhafter Magier auf dem Regiestuhl ist.
Seine Fähigkeit gemeinsam mit Kameramann Greig Fraser und zuvor Roger Deakins Bildkompositionen zu erschaffen, die dich in ihrem ästhetischen Größenwahn in völliger Begeisterung zurücklassen, ist einmalig.
Gepaart mit dem brachialen Sounddesign und der Detailversessenheit in Kostüm wie Produktionsdesign, entsteht beim Zuschauer eine endlose und fast schon kindliche Freude, da mich sich an diesem gigantischen Spektakel nicht sattsehen kann. Erfreulicherweise setzt Hans Zimmers Score diesen Gigantismus nicht in vollem Ausmaße fort. Vielmehr fungiert jener als musikalische Reflektion von Atmosphäre sowie Emotionen und doch lässt er sich nicht lumpen und fährt in den bildgewaltigen Momenten ebenfalls ganz große Geschütze auf.
Großes Schauspielerkino ist Dune 2 selbstverständlich auch erneut. Bis in die kleinsten Nebenrollen ist das Werk hochkarätig besetzt, weshalb auch die unscheinbaren Figuren eine erinnerungswürdige Charakterzüge erhalten. Insgesamt gehört dieser Film jedoch Timothee Chalamet sowie Zendaya und ist der endgültige Beweis dafür, dass sie nicht nur aufgrund ihres Charisma auch junge Leute begeistern. Nein, dieser Film lebt von ihren ausdrucksstarken Darbietungen. Chalamet darf aufgrund den charakterlichen Ambivalenzen Pauls seine komplette Bandbreite abrufen und Zendaya reißt mit, da sie für uns Zuschauer den emotionalen Anker in dieser Welt darstellt.
Es ist ebenfalls eindrucksvoll wie die Drehbuchautoren hier bei einer Vorlage, die mit ihren Themen und narrativen Elementen Potenzial für 4 ganze Filme birgt, den richtigen Fokus gefunden haben. Bei all den Nebenschauplätzen und zahlreichen zwielichtigen Gestalten im Hintergrund ist der wahre Kern der Geschichte nämlich Pauls Beziehung zu Chani, zu den Fremen und sein letztendlicher Wandel. Wie er zum Anfang seine Identität als Atreides fast vollständig hinter sich lässt und zu einem der Fremen wird, um sich schließlich seinem unabwendbaren Schicksal hinzugeben und zur tragischen Anti-Heldenfigur aufzusteigen.
Dune 2 dekonstruiert nicht nur die Heldenreise und das Konzept eines "White Savior", nein, er erzählt daneben auch eine Geschichte von Manipulation, alles korrupierender Macht und religiösem Fanatismus. Es kann für den normalen Zuschauer bei all den mythologischen Gegebenheiten, den verschiedensten Parteien und ihren jeweiligen Motiven definitiv zu Überforderung führen. Doch nichtsdestotrotz schätze ich es auch unheimlich wert, dass hier dem Zuschauer durch clevere Bildsprache auch eine Menge Raum für eigene Interpretationen gegeben wird. Heutzutage gibt es eben viel zu wenige Filme, die noch den Mut besitzen ein politisches Statement zu setzen und wie Dune vor fundamentalistischen und faschistoiden Strukturen zu warnen.
Insbesondere nach der zweiten Sichtung habe ich in meinem Inneren pure Zufriedenheit gespürt. Es ist mir eine Ehre auch heute noch Filme im Kino erleben zu dürfen, die faszinierende Figuren und eine komplexe Welt über stupides Spektakel stellen. Es wirkt so als würde der Film symbolisieren wie sich auch meine eigenen Sehgewohnheiten verändert haben. Ich würde sogar soweit gehen und sagen, dass jegliche Verwendung von Begriffen wie "Blockbuster" Schubladendenken gleicht und oftmals auch die Möglichkeiten solcher Filme untergräbt. Dies ist eine Erkenntnis, die ich erst nach ausführlichsten Überlegungen erhalten habe, doch sie trifft meine Meinung zu Dune: Part Two ziemlich gut. Ich würde weitergehend noch anführen, dass ich diesen Teil für deutlich abgeschlossener halte. Er bietet zwar Potential für einen dritten Teil, der hoffentlich auch noch kommt, doch fast alle der Charakterentwicklung und Storystränge haben ein befriedigendes Ende erhalten.
Die letzten Blicke, die Paul und Chani wechseln, gepaart mit dem majestätischen Score, haben in mir ein unbeschreibliches Gefühl von Melancholie ausgelöst.
Dune: Part Two ist eines der großen Meisterwerke der Science-Fiction.
Ein komplexes und emotionales mitreißendes Epos, das nicht nur aufgrund der audiovisuellen Brillianz sprachlos zurücklässt. Es sind vielmehr die hochaktuellen Themen und seine zeitlose Botschaft, die Frank Herberts Vorlage ehren und gleichzeitig den Bogen auf eine beängstigende Art in unsere Gegenwart spannen.
Long lives the cinema.