Julian Schierle’s review published on Letterboxd:
Erstmal muss ich eins klarstellen: Alles, was ich im Folgenden kritisiere, ist Meckern auf höchstem Niveau! Denn was das audio-visuelle Erlebnis angeht, ist „Dune: Part 2“ einfach nur Peak-Cinema. Die Visuals sind atemraubend, Greig Frasers Kamera fängt gigantische Weiten und Größenverhältnisse ein und Hans Zimmers Score bläst wie erwartet alles weg. Insgesamt ein Kino-Erlebnis, das man nur sehr, sehr selten bekommt.
Denis Villeneuve legt in seinem zweiten Teil an Tempo massiv zu. Der erste Teil war eine atmosphärische, ausgedehnte Exposition, die uns in die faszinierende und komplexe Welt einführt. Aus meiner Sicht war es ein meisterhafter Beginn für das folgende Epos. Der zweite Teil ist nun noch mächtiger, bildgewaltiger und liefert eine höhere Dichte an Action. So gesehen stimmt das Pacing und in den 166 Minuten langweilt man sich keine Sekunde.
Was das Storytelling angeht, wird der Film meinen Erwartungen leider nicht gerecht und hält das Versprechen des ersten Teils nicht wirklich ein. Um die letzten Steps bis zum Meisterwerk zu gehen, müsste die Erzählung eine stärkere emotionale Nähe erzeugen. Villeneuve versucht hier, die Grundhandlung so weit wie möglich voranzutreiben und so viel wie möglich in den 3 Stunden unterzubringen. Besonders in der zweiten Hälfte fühlt sich die Erzählung dadurch sehr gehetzt an. Viele Szenenabfolgen geschehen ziemlich abrupt und die skizzenhaften neuen Charaktere werden plump in die Welt geschmissen. Charaktere wie der Imperator, seine Tochter oder Feyt-Rautha bleiben leider undurchsichtig und wenig ausgearbeitet.
Nochmal zurück zu meiner vorigen Aussage: Das Versprechen des ersten Teils wurde nicht eingehalten. Denn was mich fast noch mehr stört, ist die Charakterentwicklung von Schlüsselfiguren wie Lady Jessica und Paul. [kleiner SPOILER] Deren Wandlung wird durch einen MacGuffin, das „Water of Life“, ausgelöst und fühlt sich ziemlich willkürlich an. [SPOILER Ende] Die im ersten Teil so intensiv dargestellte Beziehung zwischen Mutter und Sohn verliert mehr und mehr an Bedeutung, und die Entwicklungen der Charaktere scheinen damit eher durch Plot-Devices als durch intrinsische Motivation getrieben zu sein. Das mag zwar in der Romanvorlage begründet sein, wirkt im Filmkontext jedoch unbefriedigend und ist doch ehrlich gesagt ein Beispiel für„lazy writing“ (Frank Herbert in allen Ehren).
Ich will aber nochmal betonen, das hier ist Meckern auf hohem Niveau. Denn „Dune: Part 2“ ist in jedem Fall ein unwahrscheinliches Kinoerlebnis und eine Bereicherung für das Sci-Fi-Genre. Denis Villeneuve geht mit seinem Epos auf jeden Fall in die Geschichtsbücher ein.
Ein Rewatch werde ich mir die Tage gleich nochmal gönnen und dann sehen wir, ob sich an meinen Eindrücken nochmal etwas ändert.
Spannend wird schließlich was Denis Villeneuve mit seinem dritten Teil anstellt. Damit hat er die Chance seinen Epos zu einem klugen und runden Abschluss zu führen. Wenn ihm das gelingt, verändert das natürlich auch meine Sichtweise auf den mittleren Teil und ich würde nicht ausschließen, dass dies eine der grandiosensten Sci-Fi-Trilogien allerzeiten werden könnte. Mein Herz brennt auf jeden Fall für diese Reihe!